Wanderritt Südfrankreich Frühjahr 2015

Reisebericht Südfrankreich – die ersten 10 Tage; Pyrenäen

 

Die letzten Tage haben wir in der wunderschönen Ecurie du Luy in St. Génis genutzt, um vor Ort die letzten Vorbereitungen für unseren Wanderritt zu treffen.

Wir sind also bereit - 3 Monate quer durch Südfrankreich.

Tag 1: Die Kühe sind los!

 

 

Heute geht es los von St. Génis des Fontaines zum Coll de l’Ullat.

940 m Aufstieg stehen uns bevor.

Wir gehen also los Richtung der Bergkette die wir schon seit Tagen vor uns liegen sehen. Wir verlassen recht schnell das kleine Dorf St. Génis. Vorbei an Weinreben passieren wir auch bald das letzte Dörfchen in der Ebene.

Die Trockenheit der Ebene schwindet recht schnell und wird zu einem schönen saftig grünen, südlich aussehendem Wäldchen. Es ist warm, aber die Bäume spenden genug Schatten, dass wir gemütlich voran marschieren können.

Wir erreichen eine kleine Kapelle, die Santa Maria, welches am Ende des Dorfes liegt. Ab jetzt hören die befestigten Wege auf und es soll auf Wanderwegen weiter gehen. Die Wanderwege sind als solche gekennzeichnet und in unserer Karte, sowie Wanderführer eingezeichnet. Ziemlich schnell merken wir, dass diese Wege sowohl für uns als auch für unsere Pferde absolut nicht begehbar sind.... Aber zum Glück hab ich immer einen Plan B parat...

Auf einer Schotterpiste geht es ab jetzt den Berg rauf. Von 20 m ü. M. auf 905 m ü M.

Es ist heiß, trocken, und wir schwitzen uns dermaßen einen ab -> Außer Elegido, der findet es geil :)

Auf dem ersten Berggipfel, dem Puig de Saint Christau, angekommen werden wir mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt. Wir schauen über die gesamte Ebene von Perpignan, zur Seite nach Spanien, die Pyrenäen und zur anderen Seite sehen wir das Meer. Wir wollen hier verweilen, aber wir müssen weiter da wir noch ca. 6 km und einige Höhenmeter vor unserer ersten Nachtstation haben.

Gerade als wir aufbrechen wollen, bemerken wir, dass wir unsere Karte verloren haben .... sch..#!?#. Wahrscheinlich am letzten Trinkbrunnen liegen lassen. Also ich los, den Berg runter, um sie zu suchen. Nach einigen Berg/Kurvenwindungen stehen mitten auf dem Weg zwei gehörnte Kühe, die ich locker und flockig weg schicke. Einen Bruchteil einer Sekunde später entdecke ich den dazugehörigen schwarzen Stier, der ebenfalls auf dem Weg steht und sich das Spektakel (dass ich seine Kühe wegschicke) interessiert anschaut. Am liebsten würde ich mich umdrehen und schnell weg rennen... Aber wir brauchen diese Karte. Hilft alles nichts. Er schaut mich immer noch an. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und laufe auf ihn zu. Er steht mitten auf dem Weg und schaut immer noch. Außen herum gehen geht nicht, rechts verläuft eine steile Felswand und links geht es mindestens genauso steil bergab. Ich muss ihn also auch ein wenig zur Seite treiben,  um mich an ihm vorbei zu drücken. Eine Kurve später kommt mir ein netter Hirte mit unserer Karte in der Hand entgegen.

Wieder mit Karte ausgestattet geht es nun die letzten km auf einem schönen breiten Kletterweg zum „Coll de l’Ullat“. Unser Tagesziel ist erreicht (mit kleinem Umweg). Für die Pferde bauen wir unseren Portablen Paddock auf und für uns das Zelt.

Fazit des Tages: Aus 20 geplanten km werden schnell 35 km und nur weil etwas als (Weit-)Wanderweg bezeichnet ist heißt das noch lange nicht, dass er begehbar ist!!

 

Der Tag 2: Der einsame Garten

 

In der ersten Nacht haben wir gut geschlafen. Elegido ist heute morgen etwas nervös, da hier ständig freie Kühe herumlaufen. In einer Gîte d’étape (= Unterkunft für Wanderer) bekommen wir Frühstück. Hier ist alles ein bisschen alternativ und uns gefällt es sehr gut. In Morgennebel gehüllt blicken wir auf die Chaine de l’Albere. Es ist weit und breit nichts außer Berge und Wald. Diese Stille. Wahnsinn. Gut gefrühstückt bauen wir unser Lager ab und ziehen los (zum Lagerabbauen haben wir anfangs ca. 2 Stunden gebraucht: Zelt abbauen, Frühstück machen, Pferde putzen und fertig machen, Weidezaun abbauen).

Für heute ist Gewitter angesagt D.h. wir haben nur eine kurze Etappe geplant. Wir ziehen durch den Wald von l’Albere, der ausschließlich aus Korkbäumen besteht. Der Wald wirkt triste. Es wächst wirklich absolut nichts außer dieser Korkbäume. Die Pferde haben hunger. Wir sehen einen alten Bauernhof und fragen nach einer Unterkunft. Der Eigentümer ist nicht hier und der Mieter hat keinen Schlüssel für den Stall, der voll gefüllt mit Heu ist. Wir ziehen weiter. Es sieht nach Regen aus und der Himmel grollt schon. Wir sind genervt! Pferde nichts zu fressen, Regen und Gewitter zieht auf, keinen Plan wo wir übernachten sollen und das in einer hässlichen und trostlosen Korkbaum Einöde- und das schon am zweiten Tag. Wir folgen weiter dem Weg der GR 10. Auf unserer Karte sind in ein paar hundert Metern 2 kleine Gebäude eingezeichnet. Allerdings machen wir uns keine all zu grosse Hoffnung hier mitten im Nirgendwo jmd. anzutreffen. Bei den Häusern angekommen steht ein kleines Schild mit: „Refuge - gite d’étape“. Wir freuen uns wie bolle :-D über diese Überraschung. Das Refugio hat geschlossen. Es ist gerade keine Saison. Jedoch gibt es hier hinter dem Zaun viiiieeeell schönes saftiges Gras. Wir betreten einfach das Grundstück und die Pferde stürzen sich auf das satte Grün.

Ein Mann kommt aus dem Steinhäuschen nebenan. Fred, er lebt das ganze Jahr über alleine hier. Momentan ist seine kleine Tochter zu besucht. Fred ist so etwas wie der Hausmeister des Refuges. Er läd uns freundlich ein die Nacht hier zu verbringen. Den Pferden bauen wir wieder ihren mobilen Weidezaun auf und wir dürfen im Gartenhäuschen nächtigen. Kaum haben wir uns im Gartenhäuschen bequem gemacht fängt es draußen an zu regnen, aber wie heftig. Später am Abend läd uns Fred noch zu einem Bier und Chips zu sich ein :)

 

Der Tag 3: Von Mas Reste nach Las Illas (25 km): Entlang der spanischen Grenze

 

Dem heutigen Tag sehe ich mit etwas Anspannung entgegen, denn unsere Route führt entlang  der Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Bei "El Perthus" müssen wir die mehrspurige Autobahn Richtung Barcelona überqueren. Laut Karte soll es eine Unterführung geben. Nach unserem letzten Unterführungs-Desaster, habe ich heute nicht nur einen Plan B sondern auch einen C- und D-Plan parat, um sicher auf die andere Seite zu gelangen. Gleich zu beginn werden alle vier in Leuchtdeckchen, Reflexionsbänder und Sicherheitsleuchttüll etc. eingehüllt. Stephan wird instruiert alle meine Anweisungen, ohne Wiederspruch, folge zu leisten (was ihm echt nicht leicht fällt).

Nach all den Bemühungen und Vorsichtsmaßnahmen bin ich dann fast enttäuscht, dass diese Straßenunterquerung so easy verläuft. Elegido zeigt absolute Verkehrssicherheit, die sich dann auch prompt auf Ally überträgt. Wir schaffen es im Dorf Le Perthus sogar noch etwas einzukaufen und frühstücken zu gehen.

Auch bleibt noch ein wenig Zeit das um "Fort de Bellegrade" zu besichtigen.

Der Weg der GR 10 zeigt sich heute sehr abwechslungsreich. Er führt teils auf breiten Sandpisten, teils auf schmalen Pfaden durch den Korkwald. Wir entdecken auf dem Weg eine alte Ruine (ruines romaines de panissars). Hier verlassen wir die GR 10, da diese auf dem Asphalt entlang führt und entscheiden uns uns auf einem schmalen Wurzelkletterweg durchs Dickicht zu schlängeln. Die Höhenlinien fallen auf diesem Weg nicht so steil ab wie in den vergangenen Tagen, deshalb wollen wir auf diesem Abschnitt Allys Trittsicherheit testen, ohne gleich ein größeres Verletzungsrisiko eingehen zu müssen. Elegido trottet mal wieder voraus als währe dieser Weg das Einfachste überhaupt. Ich laufe hinterher und lasse mich ganz entspannt per „Schweiflift“ den Weg hochziehen. Stephan hat währenddessen mit Ally hinter uns ganz schön Mühe mit diesem Gelände. Ally lernt sehr schnell und gewinnt an Selbstvertrauen. Darüber freuen wir uns dann besonders :)

Nach einigen km trifft unser Wurzelkletterweg auf die GR 10, der wir fortan wieder folgen. Die Flora wechselt sich ständig. Mal geht es durch Korkwald, dann wieder von Schafen abgeweideten Graskuppen, durch kleine verlassene Dörfchen, durch grünen Kastanienwald, sowie durch dichten, fast schon jungleartigen Wald. Und ich kenne jetzt auch eindeutig den Unterschied zwischen einem forstwirtschaftlich genutztem und natürlichem und ursprünglichem Wald :) Auch heute gibt es nur sehr wenig Fressbares für unsere zwei guten Pferde.

Wir kommen an einem einsam gelegenen Bauernhof vorbei. Vielleicht können wir Futter kaufen. Ally, Elegido und ich warten und schauen den, auch hier wieder frei herumlaufenden, Schafen und Schweinen beim Grasen zu. Ally findet das Schwein zum Schnauben gruselig und Elegido liebt andere Tierarten und möchte sofort Kontakt aufnehmen.

Stephan will währen dessen schauen, ob auf dem Hof jemand anzutreffen ist. Der Himmel grollt und man riecht schon den Regen. Nach ca. 45 min kommt Stephan wieder mit 2 riieeesssigen gefüllten Säcken mit bestem Heu wieder. Der Sohn des Bauers hilft ihm beim tragen. In diesem Moment fängt es auch an wie aus allen Kübeln zu schütten und zu gewittern. Wir finden Schutz in einem alten und zerfallenem Unterstand und die Pferde dürfen ihr Heu mümmeln. Das Heu haben wir von der sehr netten Familie geschenkt bekommen. Später erfahre ich, dass die Bauern hier als Nudisten leben und haben Stephan erst noch zu ner Tasse Tee eingeladen :)

Wir warten bis das Gewitter vorbei gezogen ist. Bis nach Las Illas, unserer nächsten Nachtstation, sind es noch etwa 7 km. Die Beiden Säcke mit dem restlichen Heu laden wir Elegido auf. Einen rechts und einen links am Sattel festgebunden.

In Las Illas angekommen freuen wir uns über eine Herberge (Hostal dels Trabucayres) mit schon vorbereiteten Paddocks und einem kleinen Gästezimmer mit Blick auf unsere Pferde.

Unsere nassen Sachen hängen wir zum Trocknen auf. In die Schuhe stecken wir Zeitungspapier und dürfen sie an den Kamin im Gasthaus stellen.

Die Pferde sind gut versorgt auf sicher eingezäunten Paddocks mit Gras und dem Heu. Eine kleine, letzte Portion Hafer haben wir auch noch bei uns.

Die Nacht über Regnet es durch.

 

Der Tag 4: Las Illas – Mauraillas Las Illas

 

Unser großes Ziel für die kommenden Tage ist der Pic du Canigou. Laut geplanter Strecke sind es dorthin ca. 100 km durch Gebirge und Wald in dünn besiedeltem Land. Nach unserer Erfahrung müssen in diesem unwirksamen Gelände zusätzlich nochmal etwa 50 km tatsächlicher Weg einkalkuliert werden. Also 150 km.

Unsere Ally sieht heute Morgen gar nicht gut aus. Sie ist sehr dünn und wir machen uns Sorgen. Durch die vielen Kühe finden die Pferde wenig gutes Grün. Naja stimmt nicht ganz, Elegido hat das Talent überall etwas Gutes zum Fressen zu finden und schaut daher auch proper und gut genährt aus. Aber einen leichtfuttrigen Andalusier sollte man einfach nicht mit einem „leichtfuttrigen“ Holsteiner Springpferd vergleichen.

Wir beschließen also auf kürzestem Weg den Abstieg in die Ebene, um dort mehr Futter zu finden.

In Serpentinen geht es gemächlich bergab. Ich sehe schon von der Straße oberhalb des ersten Dorfes Pferde stehen. Wir fragen  nach, ob es 2 Plätze für unsere Pferde hat. Nicht hier aber in dem kleinen Privatstall der Reitlehrerin hat es noch einfache Paddockboxen frei, die Sie uns gerne zu Verfügung stellt. Sie erklärt uns den Weg und nach kurzer Zeit erreichen wir den „Poney Club La Capriole“.

Die Pferde bekommen super schöne und große Paddocks mit einem Unterstand und natürlich Heu zur freien Verfügung. Und wir dürfen direkt nebenan auf einer Wiese unser Zelt aufschlagen. Im Reiterstübchen gibt es auch ein Badezimmer was wir benutzen können. Wir sind Happy!!! 

Celine, die Hofbesitzerin ist sehr nett. Wir fragen Sie nach schönen Reitwegen in der Umgebung. Sie ist Springreiterin und kennt geeignete Wanderreitwege nicht. Aber Ihr Nachbar, der Jojo, geht öfter auf Wanderritte. Sie ruft ihn für uns an. Keine 5 Minuten später ist er da. Jojo, ist ein richtiger Cowboy (weiss nicht wie man dazu in Frankreich sagt), er reitet die Strecke zum Canigou 2 Mal im Jahr, denn er leitet die „Transhumance des chevaux“. Dabei werden die Gebirgspferderassen der Pyrenäen auf ihre Sommerweiden getrieben.

Wir geben ihm unser Kartenmaterial und keine halbe Stunde später hat er uns einen 5 tägigen Ritt mit pferdegeeigneten Wegen mit Rast und Unterkunftsmöglichkeiten eingezeichnet. Dabei erzählt er uns die wildesten Stories von der Transhumance (Also irgendwann will ich da auch mal mit :) ).

Mit der „aufgehübschten Karte“ ausgestattet wird dies die nächsten Tage zu einem Richtigen Urlaub für uns machen :)

Mauraillas ist ein echt süße kleinen Dörfchen. Am Abend finden wir ein sehr gutes spanisches Restaurant und lassen es uns mit reichlich Rotwein gut gehen :-)

 

Tag 5: Mauraillas Las Illas- Amelie les Bains (ca. 25 km) – Entlang der Tech

 

Die Pferde stehen auf ihrem großen Sandpaddock und mümmeln Heu. (Anmerkung: Die Pferdehaltung in Südfrankreich ist einfach top!!).

Recht schnell merkt man auf so einer Outdoor Tour, ob man sich für qualitativ hochwertige Ausrüstung entschieden hat und ob das Zeug hält was es verspricht. Meine Schuhe haben leider nicht das gehalten was Sie versprochen haben. Zwei komplette Tage musste ich bis dato in klatsch nassen Schuhen und einer Naht, die an der falschen Stelle drückt, verbringen. Dementsprechend humple ich heute in der Gegend rum und ertrage es für keinen Augenblick meine Schuhe anzuziehen. Stephan erbarmt sich und fährt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum nächsten Decathlon, um mich mit neuem Schuhwerk in extra einer Nummer größer auszustatten, damit mein mittlerweile verbundener großer Zeh darin genug Platz hat.

Ich wasche derzeit unsere Klamotten und richte unsere Packtaschen neu. Die Sonne scheint wieder und es ist angenehm warm. Gut gestärkt und ausgeruht setzen wir am Mittag unsere Reise fort. 

Mit neuer Route in petto machen wir uns auf den Weg. In der Ebene herrscht gleich ein anderes Klima. Es ist angenehm warm, blauer Himmel und die Sonne scheint.

Mein Fuß schmerzt bei jedem Schritt, also reite ich heute fast die ganze Zeit.

Wir reiten durch Felder, durch Weinanbaugebiet, vorbei an Pferdekoppeln, vorbei an halb eingestürzten Häusern und bereits von der Natur eingenommenen Ruinen und durch dichte grüne Wälder. Wir passieren dabei immer wieder kleinere Flüsschen, reiten über hohe Brücken, durch alte Dörfer, neue Dörfer und ein bisschen Klettern ist heute doch noch dabei. – genau so stelle ich mir Südfrankreich vor :). Wir reiten Richtung Westen. Vor uns können wir stets die Schneebedeckte Spitze des Canigous sehen.

Wir machen viele kleine Fresspausen für die Pferde, denn wir wissen nie was uns bei unserem Nachtquartier erwartet. Für heute haben wir eine Ecurie (=Reitstall) in Amelie les Bains empfohlen bekommen. Am Abend werden wir dort schon erwartet. Der Hofbesitzer hat uns Boxen gerichtet und schneller als wir gucken können gibt es auch eine riesige Portion Sportpferdepellets in den Trog ... oh no!! Ally steckt das ganze ganz gut weg und schwitzt lediglich etwas. Elegido dagegen flippt völlig aus und bringt ganz deutlich zum Ausdruck, dass er Boxenhaltung weniger gut findet. Ich führe ihn bis 24 Uhr auf dem Platz bis er sich wieder beruhigt hat. In seine Box möchte er trotzdem nicht zurück, also Übernachtet er heute auf dem Reitplatz. 

Stephan hat uns ein schönes Bed and Breakfast in der Nähe organisiert und ich falle mehr als erschöpft ins Bett.

 

Tag 6: Amelie les Bains – Arles sur Tech: Ein unheimliches Dorf

 

Amelie les Bains ist ein seltsamer Ort. Genau stelle ich mir diese Atombombenversuchsstädte in irgendwelchen Wüsten vor. Naja. Ich bin jedenfalls froh, wenn wir diesen Ort so schnell wie möglich verlassen haben.

Wir folgen stetig dem Tech. Die Route führt mehrere Kilometer durch einen Robinienwald (eine Freude für jeden Reiter).

In Arles sur Tech machen wir Mittagspause. Wir binden die Pferde an. Jedes an einen Pausenbaum. Ich passe auf die Pferde auf und setze mich in einigen Metern Entfernung auch unter einen Baum in den Schatten. Stephan geht los und besorgt uns etwas zum Essen. Während die Pferde friedlich angebunden stehen und dösen, muss ich wohl auch eingenickt sein.

Man hat es ja manchmal so im Gefühl, da denke ich, ich sollte mal die Augen auf machen ... und genau in diesem Moment legt sich der Elegido mit komplett seinem Sattel und Gepäck hin, um sich zu wälzen. Ich springe auf, aber schon zu spät. Die kleine Ally, die übrigens dem Elegido ALLES nachmacht, legt sich ebenfalls mit ihrem Sattel hin und möchte sich wälzen. Elegido merkt, dass das eine doofe Idee ist und steht wieder auf. Der Sattel und das Gepäck hängen jetzt unter seinem Bauch. Ally kommt durch den Sattel jedoch nicht wieder hoch. Sie hat sich ungeschickt mit den Hinterbeinen an dem Baum verlegt. Oben am Ast ist sie noch festgebunden und hat keine Change aufzuspringen und strampelt nur noch ... Ich mache sie vorne am Halfter los und ziehe ihren Hals in die richtige Richtung, dann springe ich zur Seite, um Ihr Platz zu machen um aufzustehen. Sie schafft es ... nur hängt jetzt Ihr Sattel auch unterm Bauch fest. Sie galoppiert davon, bockt und tritt nach dem Sattel am Bauch aus. Ich bekomme sie nicht mehr zu fassen. Sie ist schon zu weit weg. Ich rufe laut ihren Namen. Sie dreht abrupt ab, kommt auf mich zu galoppiert und bleibt direkt vor mir stehen. Ich packe die Gurtstupfen und hänge mich mit all meiner Kraft an den Sattelgurt damit der sich schnell löst. Das gelingt mir und der Sattel knallt zu Boden. Ally wird wieder am Baum festgebunden. - Also diese Holsteiner Pferde sind schon coole Socken ;)  Sämtliche verlorengegangene Gegenstände, wie Stephans Helm, die GoPro, sowie diverse gerissenen Anbindeseilchen sammle ich in mühsamer Kleinstarbeit wieder auf.

Stephan kommt mit unserem Mittagessen und erkundigt sich interessiert, ob man das denn so macht die Pferde in der Pause absatteln.

Wir beschließen heute einfach Schluss zu machen und schlagen unser Lager hier auf. Den Aufstieg auf den Coll de Formentera (1133 m) verschieben wir auf morgen.

Am Abend kochen wir uns auf unserem HOBO Tee. Wir haben keine Lust unser Zelt aufzubauen. Die Nacht wird Sternenklar und wir schlafen unter freiem Himmel. Ganz ehrlich, ich bin jedes Mal von Neuem überrascht, wie viele Sterne es hier am Himmel gibt.

 

Tag 7: Arles sur Tech - Batère: In den Minen

 

In Arles ist am morgen Markt. Wir kaufen für die Pferde Möhren zum Frühstück und für uns Zweibeiner gibt es Pain au Chocolat. Für jeden 4 Stück. Ja, wir sind hungrig :)

Auf der GR 10, die an diesem Abschnitt als "Tour du Vallespir" bezeichnet wird, steigen wir von ca. 250 m auf 1133 m, zum Coll de Formentera auf. Wir folgen dem Fußpfad. Dieser ist schmal und steil auf schroffem Fels. Zum Glück sind unsere Pferde mit Duplos (Kunststoffhufeisen) beschlagen. Dadurch haben sie immer guten Grip.

Der Weg ist sehr einsam und wir begegnen mal wieder keiner Menschenseele. An einigen Stellen ist dieser Pfad sehr anspruchsvoll! An einer Passage müssen die Pferde durch einen Engpass aus dem Stand ca. 1 m auf den nächsten Fels springen. Ally weiss noch nicht, dass Sie eine recht beachtliche Springpferde-Abstammung hat. Sie ist jedenfalls der Meinung, dass Sie es nicht schafft bzw. traut sich nicht dort hoch zu springen. Ally geht keinen Schritt mehr, weder Vorwärts noch Rückwärts.

Wir lassen ihr einige Zeit, um sich auszuruhen und sie bekommt einen Motivationsapfel. Stephan sucht durch das Gestrüpp eine Alternative um diese Passage herum. Alle sind happy, dass es bald weitergeht. Der Weg geht recht moderat weiter und mündet nach einigen km auf einem breiten Sandweg. Wasser ist rar. Wenige Tropfen drücken sich durchs Gestein und wir müssen geduldig warten bis die Trinkschale (mehrmals) gefüllt ist.  Wir kommen durch einen kleinen Birken - Haselnuss Wald. Sehr zur Freude unserer Pferde :) Wir passieren einige Viehschranken. Begegnen jedoch heute keinen Kühen.

Die Nacht werden wir in dem Refuge de Batère verbringen. Glücklicherweise haben wir ausgerechnet diese Nacht vorreserviert. Die Wandersaison beginnt nämlich erst morgen, am 1. Mai und die Herberge öffnet deshalb erst morgen offiziell ihre Türen für müde Wanderer, Bergfreunde und ihre Rösser:).

Die Herberge ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Das Refuge mit seinen Gästezimmern befinden sich in den ehemaligen Minenarbeiterbaracken aus Anfang des 19 ten Jahrhunderts. Teilweise sehr schön renoviert, teils noch genauso wie damals. Minen und eingefallene Schächte sind rund um das Refuge zu entdecken.

Die Herberge ist als Wanderreitstation gekennzeichnet. Zu Anfangs sind wir dann echt erschrocken, dass es vorgesehen ist die Pferde in einer halb eingestürzten Ruine, der alten Garage der ehemaligen Residence der oberen Bediensteten des Bergwerkes, zu stellen.

Mit unserem eigenen portablen Weidezaun haben wir dann doch noch ganz schöne Paddockboxen daraus zaubern können. Auch gibt es hier wieder Heu zur freien Verfügung. Wir stellen unser Zelt direkt nebenan auf.  

Als die Nacht einbricht ist es sehr gruselig ganz alleine hier oben.

 

Tag 8: Batère: Pausentag mit Überraschung

 

Heute bleiben wir in Batère. Nach dem Anstrengenden Aufstieg wollen wir ein bisschen die Bergluft genießen, gehen mit den Pferden am Canigou-Massif spazieren und lassen sie Bergkräuter zupfen.

Am Nachmittag wird Wäsche gewaschen und das Sattelzeug eingefettet.

Für diese Nacht schotte ich unser Nachtlager nochmals extra ab. Dazu schaffe ich kleinere Baumstämme und Holzbalken von der Ruine bei. Irgendwie habe ich im Gefühl, dass irgendwelche Wildtiere mitbekommen haben, dass hier oben jetzt 2 Pferde stehen. Auf jeden Fall fühle ich mich schon den ganzen Tag beobachtet...

Im Refuge unten kochen wir uns Tee und essen unser Abendbrot.

Draußen ist es schon finster und wir legen uns zum Schlafen in unser Zelt.

Mitten in der Nacht springt Stephan auf. Er hat etwas gehört. Unsere Pferde sind ganz außer sich, prusten und starren in die pechrabenschwarze Nacht. Die Taschenlampe griffbereit leuchten wir in den dunklen Wald. Können aber nichts sehen. Wir hören es knacken, ganz leise. Können aber immer noch nichts sehen. Jetzt. Mehrere Augenpaare funkeln uns an. Es sind Pferde. Wir können nicht erkennen wie viele es sind. -> Nachdem ich schon die wildesten Stories über freilaufende Hengstgruppen in Frankreich gehört habe, empfinde ich es nicht als beruhigend, dass es NUR Pferde sind.

Unsere Anwesenheit und das Taschenlampenrumgeleuchte vertreibt sie schließlich.

Neugierig wie Pferde nun mal sind kommen sie später in der Nacht nochmals vorbei. Diesmal näher. Wir erkennen eine bunt gemischte Herde kleiner Bergpferde mit einigen Fohlen. Ich denke die wollten einfach mal neugierig und freundlich Hallo sagen.

Leise wie sie gekommen sind verschwinden sie auch wieder.

Wir liegen wieder im Zelt. Aber schlafen kann keiner von uns. Die Wilden kommen heute Nacht kein weiteres Mal mehr vorbei.

 

Tag 9: Batère – Baillestavy

 

Total gerädert stehen wir am Morgen auf. Ich kann nicht beurteilen wer von uns 4 die größten Augenringe hat. Im Refuge gibt es bereits Frühstück. Gut gestärkt geht es heute weiter nach Baillestavy, oder auf katalanisch Vallestàvia.

Die Sonne scheint. Wir sind gemütlich drauf.

Seit 8 Tagen schleppe ich einen Rucksack mit mir herum. Heute ist der erste Tag, dass wir den Inhalt auspacken... Die Drone...

Auf einem schönen Plateau wollen wir Aufnahmen von oben machen. 

Der weitere Weg nach Baillestavy ist gemächlich. An einem kleinen Fluss machen wir Mittagsrast und lassen die Pferde grasen. Danach binden wir sie an einen Pausenbaum und wir essen unser Mittagessen. Elegido möchte sich mit Wildbienen anfreunden, was ich nicht so lustig finde. Also nehme ich ihn wieder unter meine Fittiche.

In Baillestavy  angekommen, kümmert sich der Bürgermeister persönlich um eine Unterbringung für die Pferde. Er hat ein kleines Grundstück was er uns für die Nacht zur Verfügung stellt. Dieses ist nur durch eine einfache Litze eingezäumt und es befinden sich alte Autos und Motorräder darauf. Etwas Heu bekommen wir auch noch. In einem sehr kleinen aber sehr feinen Bistro, welches wir von Jojo empfohlen bekommen haben, essen wir zu Abend. Die gîte d’étape in diesem Dorf ist als eine der Besten in Frankreich ausgezeichnet worden. Trotzdem wollen wir neben unseren Pferden im Zelt schlafen... man weiss ja nie auf was für lustige Ideen unsere Rösser in der Nacht kommen.

 

Tag 10: Baillestavy – Prades: Planänderung

 

Wir sind jetzt seit 10 Tagen unterwegs in den Pyrenäen in der Region Pyrenees orientales in dem Gebiet Haut Languedoc.

Unsere geplante Route führt entlang der GR 10 bis nach Andora. Dort kreuzt sie die GR 7 Richtung Norden.

Wir haben etliche Kilometer gemacht und viele Höhenmeter. Doch sind wir auf der Karte nicht wirklich voran gekommen. Das demotieviert. Haben wir uns doch ein so hohes Ziel gesteckt. Die Pferde schauen zwar recht gut aus, aber wir sind fix und fertig.

Nach langem Hin und Her sind wir uns einig, dass wir unsere Route ein wenig abändern müssen, wenn wir noch andere Regionen von Frankreich erkunden wollen.

Anstatt weiter nach Fiols auf dem Chemin du Vauban zu gehen, reiten wir nach Finistret Richtung Prades. Wir beschliessen wieder zurück in die Ebene zu kommen, die Pyrenäen zu verlassen und gleich weiter Richtung Norden zu reisen.

Wir freuen uns wieder über die Zivilisation und gönnen uns ein Hotel mit Frühstück. - Aber lange halten wir es nicht aus nach 2 Tagen Zivilisation, Supermarkt, etc. müssen wir wieder los. Unser nächstes Etappenziel ist der "Parc Naturel Régional de la Narbonnaise" und der Strand von Leuchte. Von dort geht es dann weiter durch den "Parc naturel régional du Haut-Languedoc".


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Kommentare: 2
  • #1

    Henrike (Mittwoch, 16 Oktober 2019 15:29)

    Vielen Dank für die tollen Rittberichte.
    Auch ich liebe die Pyrenäen als Wanderreitgebiet.
    VG
    Henrike aus Hachenburg

  • #2

    Tom (Donnerstag, 13 Februar 2020 12:58)

    Hi, sehr coole Tour!!! Was für den Einen schon wieder Jahre zurück liegt, ist für den Nächsten Brandaktuelle Vision... ;0)
    Vielen Dank für diese Inspiration, alles Gute Euch und Allzeit eine super Zeit auf den Pferden ;0)